06. Dezember 2023 - Am 29. November 2023 fand der 5. Digitale Mittagsimpuls der Veranstaltungsreihe „Zukunft Prävention“ von Kneipp-Bund e.V., DAMiD e.V. und vdek e.V. statt. Thema war „Digitale Prävention und Gesundheitsförderung – praxistauglich und wirkungsvoll?“ Angesichts des Digitalisierungsschubs und App-Booms, der durch die Corona-Pandemie deutlich beschleunigt wurde, stand die Frage im Mittelpunkt, ob es mit Hilfe von digitalen Präventionsangeboten gelingen kann, mehr Menschen zu erreichen und diese auf einem gesunden Lebensweg zu begleiten – oder ob die Verlagerung von Prävention und Gesundheitsförderung in die digitale Welt vielmehr die gesundheitliche Ungleichheit verschärft.

Prof. Dr. phil. Nico Dragano vom Institut für Medizinische Soziologie am Universitätsklinikum Düsseldorf gab einen Einblick in den Stand der wissenschaftlichen Forschung zu digitalen Anwendungen in der Prävention. Zwar gibt es digitale Präventionsangebote, die in experimentellen Studien Wirksamkeit gezeigt haben, jedoch auch viele Angebote, die weder theoriebasiert noch evaluiert sind. Motivierende Textnachrichten und kurze Informationen und Anleitungen über Social Media-Kanäle und Webseiten, Entscheidungshilfen oder eHealth-Interventionen sowie App-basierte Trainings (mHealth) könnten das Gesundheitsverhalten der Nutzer:innen positiv beeinflussen. Auch online-Screenings und App- oder webbasierte Interventionen bei präklinischen Symptomen, beispielsweise bei Depressionen, könnten hilfreich sein. 

Fazit: Es ist noch viel zu tun

Prof. Dragano hob insbesondere hervor, dass digitale Gesundheitsangebote nur dann wirksam sein können, wenn die digitale Spaltung, der sog. digital devide, überwunden werden kann. Der Zugang zu und die Inanspruchnahme von digitalen Angeboten ist derzeit stark abhängig von Einkommen, teils auch von Alter, Region, Sprachkenntnissen, Geschlecht und Bildung bzw. Sozialisation. Eine große Rolle spielt die allgemeine digitale Kompetenz. Voraussetzung für die Überwindung der digitalen Spaltung seien gleichberechtigte Chancen auf Bildung und eine bessere Internet-Infrastruktur in Deutschland. Digitale Präventionsangebote hätten dann eine Wirksamkeit, wenn sie auf eine bestimmte Zielgruppe zugeschnitten bzw. mit dieser gemeinsam entwickelt werden. Um gute Ergebnisse allen Menschen zugänglich zu machen, schlug er die Aufsetzung eines Portals vor, in dem best-practice Angebote gesammelt würden.

Bis zur gesundheitlichen Chancengleichheit für alle ist es also noch ein weiter Weg. Digitale Angebote können zwar viele Menschen in ganz unterschiedlichen sozialen Lagen erreichen und haben ein Potenzial, ihnen ein gesünderes Leben zu ermöglichen – aber nur wenn die (strukturellen) Grundvoraussetzungen erfüllt sind. Hieran zu arbeiten ist eine politische Aufgabe, die gesellschaftlich eingefordert und von der Wissenschaft sorgfältig evaluiert werden muss. 

Es bleibt also einiges zu tun! Digitale Angebote haben zwar das Potenzial Menschen aus allen Lebenswelten und Soziallagen zu erreichen, aber es sind nicht alle Grundvoraussetzungen dafür erfüllt. Es ist und bleibt die Aufgabe von allen Akteuren die Ungleichheiten anzugehen, damit für alle die Chance auf ein gesundes Leben möglich ist.

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